Archiv für Januar 2009

Erfahrung

Samstag, 17. Januar 2009

Begriffe ohne Anschauung sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.
Immanuel Kant

Auf Erfahrung berufen sich Hinz und Kunz. Nicht selten meint man damit etwas Unhintergehbares, etwas, das das Ende der Debatte markieren soll: Hinz hat diese, Kunz hat jene Erfahrungen – und Schluss. Die Auseinandersetzung kann dann aus gegebenem Anlass jederzeit wieder aufgenommen werden. Es ist vorhersehbar, dass sie unter gleichen Prämissen auch jederzeit wieder denselben Verlauf nehmen wird. Die entscheidende Voraussetzung bildet dabei der Erfahrungsbegriff. Es fragt sich nämlich, ob Hinz unter Erfahrung dasselbe versteht wie Kunz.

Voraussetzungen lassen sich klären, auch diese. Man könnte beispielsweise die Bedeutung des Wortes „Erfahrung“ mit der nicht immer zu Recht verpönten etymologischen Methode zu erschließen versuchen. Beginnen wir mit dem Präfix: Es bezeichnet eine Zielgerichtetheit oder einen Ergebnisbezug: ein anderer Zustand soll durch die im Wortstamm genannte Handlung herbeigeführt werden oder wird durch sie unabsichtlich herbeigeführt. In unserem Fall rückt durch die Vorsilbe „er-“ das Resultat des Fahrens in den Blick. Mit Fahren meinen wir eine beliebige Bewegung im Raum oder auf einer Fläche: Man fährt sich mit der Hand über die Stirn, bewegt sich auf Rädern fahrend in einem Fuhrwerk oder in einem Rennwagen, man fährt zur See oder betreibt Raumfahrt. Und uns alle verlangt es mehr oder weniger stark danach, in die Welt hinaus zu fahren.

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